Warum haben wir nicht früher darüber geredet? Und somit falsche Schlüsse gezogen? Häufig produzieren falsche Annahmen große Missverständnisse.

Vor Jahren habe ich in meiner Firma an einem klassischen Bundesliga-Tippspiel teilgenommen. Mein Vater tat das gleiche in seinem Unternehmen. Nach etwa zehn Spieltagen verglichen wir unsere Punktestände.
Er lag deutlich vor mir – und war sichtlich zufrieden, seine ganze Erfahrung ausgespielt zu haben. Ein Tippspiel gewinnen, das zählt was unter eingefleischten Fußballern. Auch seine Kollegen auf den vorderen Plätzen waren deutlich vor meinen Mitspielern.
Das hat mich frustriert und an meinem Selbstbewusstsein genagt. Erstens, weil man als Sohn seinen Eltern generell zeigen möchte, dass man es draufhat. Auch wenn es nur um Fußball geht. Zweitens, weil man sich als jahrelanger Hobbyspieler von Sportwetten beweisen möchte, dass man den Sport versteht.
Erst ein halbes Jahr nach besagtem Gespräch offenbarte sich mir des Rätsels Lösung: Es gab zwei unterschiedliche Modi (wohlgemerkt: beim selben Anbieter). Ein System mit 4-3-2-Punkten (bei ihm) und ein 3-2-1-Punkte-System (bei mir). Das heißt: Bei jedem Spiel, bei dem wir gleich gut tippten, bekam er einen Punkt mehr als ich.
Darüber hatten wir natürlich nicht gesprochen. Wir gingen beide von der Annahme aus, das gleiche System zu spielen. Und haben uns in unserer ganzen Unwissenheit auf eine logische Erklärung verständigt: Mein Vater, ein wahrer Meister mit jahrzehntelanger Erfahrung als Fußballfan. Und ich, der Sohn und Lehrling.
Am Ende landete er in seiner Tippgemeinschaft irgendwo im oberen Mittelfeld. Und ich gewann 160 Euro als Erstplatzierter von 14 Kollegen – also doch gar nicht so schlecht. Ein Tippspiel gewonnen zu haben, war eine tolle Erfahrung.
Lösung: Auch logisch scheinende Annahmen sollten ab und an kurz auf ihren Wahrheitsgehalt abgeklopft werden. Wenn nur leise Zweifel aufkommen, sollten die Mühen einer Recherche nicht gescheut werden. Denn die Dinge aufzudecken, kann für den sozialen Frieden (siehe Vater-Sohn-Ding) ungemein wichtig sein. Und für das eigene Ego (hihi).
Letztes Update: April 2023