Millionen Menschen arbeiten und sind dabei freundlich, ohne jemals auch nur einen Euro Trinkgeld zu bekommen. Angestellte in der Gastronomie sind beleidigt, wenn man kein Trinkgeld gibt. Preist die Freundlichkeit ein.

Es hat mal wieder länger gedauert und als das Essen dann kam, hat es nicht einmal geschmeckt. Die Bedienung war so freundlich, wie man es erwarten kann – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Und was macht man als guter Gast? Richtig, man gibt ein Trinkgeld. Nur, wofür eigentlich?
Ich habe schon verschiedene Jobs gemacht: in einem privaten Forschungsinstitut, in der Bauverwaltung, im Projektmanagement. Und auch wenn eine Selbstdiagnose an dieser Stelle merkwürdig klingt: In den allermeisten Fällen habe ich mich kundenorientiert und zuvorkommend verhalten. Am Ende des Monats kam dann immer das gleiche Gehalt. Eine Extrarecherche, ein zusätzlicher Anruf beim Bürger, eine zielgenaue Infomail. Alles egal, beziehungsweise mit dem Gehalt abgegolten.
Zurück ins Restaurant. Schon klar, Beschäftigte in der Gastronomie (und in vielen anderen Bereichen) sind unter den aktuellen Rahmenbedingungen auf Trinkgelder angewiesen – ob das tatsächlich stimmt, kann ich nicht mit Sicherheit sagen und lasse es hier als Prämisse stehen. Bis das Trinkgeld endlich abgeschafft ist, beiße ich in den sauren Apfel und zahle die zwei Euro für Pizza und Bier oben drauf. Widerwillig.
Lösung: Ich bin ein absoluter Befürworter fairer Bezahlung und ein Fan steigender Mindestlöhne. Worum ich Gastwirte hierzulande bitten möchte: Preist jeden Teil eurer – hoffentlich exzellenten – Dienstleistung direkt ein. Und schreibt an die Pforte: „Wir bedienen ohne Trinkgeld.“
Ich habe noch nie in einem Bereich gearbeitet, in dem Trinkgelder dazugehören, was meine Einstellung einseitig macht. Falls es grundlegende Einwände gibt, freue ich mich über eine Nachricht an info@gedanken-ohne-schranken.de.
Letztes Update: Mai 2023