Sport ist meine Leidenschaft – vor dem Bildschirm. Ob im TV, am Rechner oder auf dem Handy: Anderen bei Spitzenleistungen zuzugucken, dafür bin ich immer bereit. Einblicke in meinen ganz persönlichen Kalender.
In diesem Artikel beantworte ich folgende Fragen:
- Welche Sportler haben mich für ihre Disziplin begeistert?
- Was fasziniert mich auf technischer und politischer Ebene?
- Welche Moderatoren und Reporter stechen heraus?
Doch bevor es richtig losgeht, soll kurz der Hintergrund geklärt werden.
Aufwärmphase
Live-Sport ist mehr als nur Entertainment
Ich bin 1986 geboren. Sportsendungen sind seit Mitte der 90er-Jahre der wichtigste Teil meiner Fernsehunterhaltung. Ich konsumiere täglich.
Sportereignisse strukturieren mein Leben wie Feiertage und Jahreszeiten. Der über Jahrzehnte gewachsene, international abgestimmte Sportkalender schafft ein Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit. Auf der anderen Seite stehen Freude und Ärger als Emotionen, die insbesondere der Live-Sport auslöst. Je älter ich wurde, desto mehr rückten Hintergründe und die Politik ins Blickfeld.
Und dem Nachwuchs sei gesagt: Dieses Hobby ist, wenn es ernsthaft betrieben wird, eine nahezu unerschöpfliche Wissensquelle in den Fächern Geografie, Kultur, Geschichte, Biologie, Physik und Chemie. Als Schüler etwa konnte ich häufig punkten, weil ich viele Flaggen kannte oder etwas mit der anaeroben Schwelle anfangen konnte.
Fehlendes Wissen als Stimmungskiller
Wie oft habe ich Aussagen wie folgende gehört: „Ach, Formel 1 finde ich langweilig – mal abgesehen davon, dass das doch sowieso kein Sport ist. Ich gucke lieber Biathlon, das ist immer super spannend.“ Da tobe ich innerlich, denn hier muss klargestellt werden: Es gibt spannende Biathlon-Wettkämpfe und langweilige Formel-1-Rennen – und umgekehrt.
Entscheidend ist, ein Grundwissen zu haben und den Sport über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Wenn ich die Protagonisten über zwei Jahrzehnte hinweg beobachte, ihre Emotionen und Analysen aus Interviews kenne, entsteht eine Verbundenheit, die weit über ein einzelnes Event hinausreicht. Das ist nicht anders als bei einer Seifenoper oder Netflix-Serie. Eine Folge herauszupicken genügt nicht, um ein fundiertes Urteil fällen zu können.
Dieser Artikel ist daher ein Appell für mehr Offenheit: Sportarten sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern sich abwechseln und gegenseitig befördern. In 365 Tagen findet vieles seinen Platz. In diesem Sinne: Auf die Plätze, fertig, los!
Corona-Krise: Und … stopp! Die Covid-19-Pandemie war ein Einschnitt für alle Sportfans. Die Sportjahre 2020, 2021 und 2022 werden in die Geschichte eingehen. Viele Ligen waren über Monate (immer wieder) unterbrochen, internationale Titelkämpfe fielen aus. Die Krise offenbarte auf schmerzhafte Weise, welche Bedeutung das Thema Sport für viele Menschen hat – und zeigt, wie wichtig es ist, Sportevents und alles, was damit zusammenhängt, abzufeiern.
Nun denn.
Januar bis März: Von Down Under in die USA und wieder zurück
Januar – Tennis: Australien Open
Zwischen Grand Slam und Hinterhof
Die Australien Open im Tennis bilden den Auftakt in mein Sportjahr. Während in Deutschland tiefster Winter herrscht, ist in Melbourne der Sommer in vollem Gange. Zu beobachten, wie die Spieler bei Hitze die kleine Filzkugel über das Netz schlagen, ist für mich wie ein kleiner Urlaub. Im Jahresverlauf folgen drei weitere Grand-Slam-Turniere in Paris, London und New York (diese Städte habe ich persönlich bereist und daher eine spezielle Verbindung). Diese vier wichtigsten Turniere verfolge ich intensiv, denn sie haben einen besonderen Charakter. In der ersten Woche finden nahezu pausenlos Spiele statt. In der zweiten Woche zeigt sich, wer tatsächlich zu den Favoriten zählt, und die Partien gewinnen mit jeder Runde an Bedeutung. Kleine Turniere schaue ich eher ungezielt und sporadisch.
Tennis verfolge ich seit Mitte der 1990er-Jahre. Meine ersten Erinnerungen sind Duelle mit Namen wie Steffi Graf, Martina Hingis und Lindsay Davenport sowie Pete Sampras, Andre Agassi und Boris Becker. Als Zehnjähriger habe einmal auf unserem Hinterhof mit Pinsel und Farbe ein halbes Spielfeld vor eine Wand gemalt. Ausgerüstet mit Federballschläger und Trinkpäckchen habe ich dann bei 30 Grad im Schatten die wichtigsten Matches nachgespielt. Während der French Open, bei denen auf Sand gespielt wird, habe ich den Platz sogar mit einer feinen Kiesschicht bestäubt.
Von Adleraugen und alter neuer Klasse
Das Spiel mit der kleinen Filzkugel ist im wahrsten Sinne ein ständiges Hin und Her: Wenn der zunächst unterlegene Spieler einen Matchball abwehrt und am Ende doch noch als Sieger den Court verlässt, ist das schon sehr emotional. Aus Zuschauersicht ist das einzelne Spiel gut greifbar. Hingegen ist die Berechnung der Weltrangliste, die für die Besetzung der Turniere wichtig ist, eher undurchsichtig (eine Fußballmeisterschaft mit Drei-Punkte-Regel erschließt sich deutlich leichter). Technisch interessant ist die Einführung des Hawk-Eye ab Mitte der Nullerjahre. Mithilfe dieser Technologie können knappe Entscheidungen millimetergenau abgeklärt werden. Wenn auf der Videowand die Animation der Flugkurve zu sehen ist, geht immer ein Raunen durchs Stadion. So gesehen erhöhen diese kurzen Unterbrechungen aus meiner Sicht die Spannung sogar noch (was beim Fußball von der Mehrheit tendenziell anders gesehen wird). Ich begrüße es, dass die Linientechnologie voll etabliert ist, denn gegen richtige Entscheidungen sollte eigentlich keine Argumentation ankommen.
An Boris Becker mögen sich die Geister scheiden, ich möchte an dieser Stelle trotz der im April 2022 verhängten Freiheitsstrafe eine Lanze für ihn brechen. Seine Leistung als Kommentator auf Eurosport war wie sein Spiel in den Achtzigerjahren: ganz großes Tennis. Hier glänzte der ehemalige Weltranglistenerste mit einer Expertise, die ihresgleichen sucht. Und bewies gleichzeitig Größe durch Selbstironie (Becker bei den US-Open 2019, sinngemäß: „Der Junge verdient jetzt eine Stange Geld. Ich würde ihm raten, nicht sofort in die Stadt zu rennen und alles zu verprassen – sondern lieber eine seriöse Bank aufzusuchen.“). Gemeinsam mit Matthias Stach, der ebenfalls ein passabler Tennisspieler war, bildete er ein ausgezeichnetes Doppel – im wahrsten Sinne des Wortes: Das Duo wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis 2018 dekoriert. Ich hoffe auf sein Comeback am Mikrofon.
Februar – Football: Super Bowl
Show auf dem Feld, Show neben dem Feld
Am ersten Sonntag im Februar findet eines der größten Einzelereignisse in der Sportwelt statt. Der Super Bowl ist das Finale der NFL, der stärksten Football-Liga. Moderne Gladiatoren mit spacigen Helmen prallen aufeinander, dass es nur so rappelt im Karton. Jedes Jahr stellt sich aufgrund der Zeitverschiebung die Frage, ob ich das Spiel live bis zum Ende gucken kann. Während meiner Studienzeit hat es ein paar Male geklappt. Seit dem Einstieg in die Berufstätigkeit ist es unvernünftig, ein Spiel im Fernsehen bis tief in die Nacht hinein zu schauen. Am meisten Spaß hatte ich mit meinem besten Freund, der als echter Auskenner schon mal ein originales amerikanisches Bier für uns organisiert hat. Unvergessen ist das Finale aus dem Jahr 2017 zwischen den New England Patriots und den Atlanta Falcons. Das Team aus Massachusetts lag zwischenzeitlich mit 25 Punkten zurück, rettete sich in die Overtime und gewann die Trophäe doch noch. Mein Freund, ein Patriots-Fan konnte stundenlang nicht einschlafen. Ich verließ seine Wohnung am nächsten Morgen und ließ ihn schlafen.
Ein Highlight ist die berühmte Halbzeit-Show, über die in vielen Medien mehr berichtet wird als über die entscheidenden Spielzüge. In Erinnerung ist mir der Auftritt aus dem Jahr 2014 von Bruno Mars und den Red Hot Chili Peppers, meiner Lieblingsband. Der Gig war ein Fest für mich, auch wenn Gitarre, Bass und Schlagzeug der Truppe aus Los Angeles vorab eingespielt werden mussten. Die Veranstalter wollen bei der Show keinerlei Risiken eingehen. Und schiefe Töne und schnarrende Saiten würde die angestrebte Perfektion wohl zu sehr stören. Somit ist und bleibt es eine riesige Inszenierung – aber eine imposante. Wenn stolze Musiker sich auf die striktesten Auflagen einlassen, zeugt das von der Bedeutung des Auftritts zwischen den Halbzeiten.
Von weichen und smarten Köpfen
Die extremen physischen Belastungen sind Fluch und Segen zugleich. Football hat mit der Krankheit CTE ein riesiges Problem: Je nach Studie sind nahezu alle untersuchten Sportler von der Chronisch Traumatischen Enzephalopathie betroffen, die durch Kollisionen mit dem Kopf verursacht wird. Sie führt zu Gedächtnisverlust, Depressionen und Demenz. Selbst kurzzeitig aktive Spieler zeigen die Krankheit, die erst nach dem Tod diagnostiziert werden kann. Auch wenn nicht alle Studien repräsentativ sind (sowohl in der Auswahl der Spieler als auch in der Zeit, in der sie aktiv waren), haben sie doch überfällige Debatten angestoßen. Die verschärften Regeln sind ein Beleg, dass die Menschen lernfähig sind. Die Zeit, die es dafür gebraucht hat, ist allerdings ein Zeichen für das Beharrungsvermögen. Weitere Maßnahmen müssen erwogen werden, um den Football für Aktive und Fans attraktiv zu halten. Denn trotz aller Popularität kann eine Sportart mit der Zeit aus der Zeit fallen. Das Boxen ist für mich so ein lebendes Sportfossil.
Die Berichterstattung der ran-Redaktion auf ProSieben erfrischt mich. Auf der einen Seite moderieren und kommentieren dort ehemalige Spieler wie Jan Stecker und Patrick Esume, die das Spiel einsteigergerecht und mit Begeisterung erklären. Auf der anderen Seite bietet vor allem der langhaarige Sidekick Christoph „Icke“ Dommisch frische und eloquente Unterhaltung mit Brandenburger Dialekt (den ich auch spreche). In der Regel nerven mich die häufigen Social-Media-Querverweise im linearen Fernsehen. Denn wenn ich wissen wollen würde, was auf Twitter abgeht, würde ich mich dort direkt herumtreiben. Bei einer ran-Sendung ist das anders, weil es einfach gut gemacht ist.
März – Rennsport: Auftakt der Formel 1
Von roten Lampen bis zur Zielflagge
Wenn an einem Sonntagmorgen im März um sechs Uhr der Wecker klingelt, freue ich mich wie ein Kind auf den großen Preis von Australien (seit 2021 beginnt die Saison in Bahrain). Der erste Griff geht zur Fernbedienung: Das Bild zeigt das emsige Treiben in der Boxengasse. Kurze Zeit später stehen die Autos im Sonnenlicht von Melbourne, der Asphalt flimmert, fünf rote Lampen gehen an und dann – aus. Das erste Rennen ist immer etwas Besonderes. Die Autos haben andere Formen und Farben, neue Gesichter stecken unter den Helmen. Kurzum: Es gibt eine Menge zu erzählen. Formel 1 ist Motorsport, wie er sein soll. Auch Tourenwagen, MotoGP, Rallye & Co. – alles gut und schön. Die Formel 1 ist für mich das absolute Nonplusultra.
Seit der zweiten Hälfe der 1990er-Jahre verfolge ich die Königsklasse – damals mit Fahrern wie Jean Alesi, Gerhard Berger oder Johnny Herbert. Das erste Rennen, das ich erinnere, war der Große Preis von Monaco 1996. Ich klebte förmlich an der Mattscheibe, fasziniert von der Strecke und dem Motorgeheul. Die Fahrer hatten auf dem Stadtkurs im Dauerregen weniger Haftung: Nur drei Piloten erreichten das Ziel. Von da an sah ich die Rennen, wann immer möglich. Unvergessen sind der erste WM-Titel von Sebastian Vettel 2010 und die Meisterschaft von Nico Roßberg 2016 – beide im letzten Rennen in Abu Dhabi. Nach Vettels Triumph sah ich ihn auf der Berliner Fanmeile am Brandenburger Tor. Der Motorsound klingt mir noch heute in den Ohren.
Komplexität und Überforderung
Die Formel 1 ist komplex – das muss sie als Königsklasse: Positiv stechen die Antriebstechnik mit Hybridmotoren und die stark erhöhte Sicherheit (etwa durch das Halo-System) hervor. Neuerungen, die von Puristen scharf kritisiert wurden – was spätestens nach dem unfassbaren Unfall von Romain Grosjean in Bahrain 2020 ein Ende haben muss. Ebenfalls wichtig, aber leider nicht vorhanden, ist die sportliche Ausgeglichenheit: Die Dominanz der Topteams Mercedes, Ferrari und Red Bull ist erdrückend. Von März 2013 (Räikkönen, Lotus) bis September 2020 (Gasly, AlphaTauri) siegten ausschließlich Fahrer der großen drei Rennställe. Trotz gelegentlicher Rad-an-Rad-Duelle ist die Eintönigkeit immens. Häufig wurden Regeländerungen umgesetzt, gebracht hat es meist wenig.
Mit wohl keinem Kommentatoren-Paar habe ich so viel Zeit verbracht wie mit Heiko Waßer und Christian Danner. Wer die Formel 1 im Free-TV verfolgt, kommt am Rheinländer und dem Bayern nicht vorbei. Häufig wirken sie selbst nach dreißig Jahren noch überfordert. Eine klassische Szene: Ein Fahrer touchiert, klar erkennbar im Live-Bild, beim Überholmanöver den Boliden des Gegners. Der eine fliegt sofort ab, der andere hat bald einen Reifenschaden. Heiko und Christian spekulieren noch minutenlang über mögliche Hydraulikdefekte, plötzlichen Seitenwind oder Trümmerteile als Ursache. Erst in der dritten Zeitlupe sehen es die beiden dann auch. Im Kontrast dazu ist Kai Ebel, das Unikum der deutschen Sportberichterstattung, eine wahre Freude für mich. Immer auf den Punkt und durchsetzungsstark im Grid. Empfehlenswert ist die Netflix-Dokureihe Drive to Survive, mittlerweile in der vierten Staffel (Saisons 2018, 2019, 2020 und 2021) am Start.
April bis Juni: Pockets, Pucks und Pause
April – Snooker: Weltmeisterschaft
Willkommene Ablenkung und höchster Respekt
Snooker trat erst während der Oberstufe in mein Leben. In Erinnerung sind lange Nachmittage in Prüfungsphasen, die vom Spiel am grünen Tisch begleitet wurden. Snooker auf Eurosport gehörte zum Lernen einfach dazu. In der Clique kannte jeder Ronnie O’Sullivan, Stephen Hendry und Shaun Murphy. Das kann man durchaus als Phänomen bezeichnen – Schüler, die eine Billardvariante im Fernsehen schauen. Man schaltete einfach ein und ließ es laufen. Dazu einen Kaffee und ein Stück Kuchen – perfekt. Dabei war es nicht so, dass man sich umfassend informierte oder sich auf das Halbfinale am kommenden Tag freute. Wenn man eine Runde verpasste, war das kein Weltuntergang.
Nun hat jeder sicherlich schon einmal Billard in der Kneipe gespielt. Als junger Erwachsener habe ich so einige Abend am Tisch gestanden, geraucht und getrunken und dabei ein paar Kugeln gelocht. Nur einmal in meinem Leben habe ich mir eine halbe Stunde Snooker gegönnt. Ein riesiger Tisch, darauf verteilt viele bunte Murmeln. Wir haben vielleicht fünf Bälle gelocht. Selbst kleine Breaks waren unerreichbar, ein Fortsetzung nach einem Glückstreffer nahezu unmöglich. Etwas enttäuscht und voller Demut gaben wir die Bälle an den Spielhallenbetreiber zurück.
Etikette, STil und kultivierte Sachlichkeit
Snooker ist eine britische Angelegenheit: Im Vereinigten Königreich gibt es organisierte Spieler im mittleren einstelligen Millionenbereich. Das ist fast jeder zehnte auf der Insel. Seit einiger Zeit rücken zunehmend chinesische Spieler in den Ranglisten nach oben. Seit 1977 wird als Saisonabschluss im Crucible Theatre im englischen Sheffield die Weltmeisterschaft ausgetragen. Sport im Theater, Sportler in feiner Garderobe – das hat etwas von Eleganz und Kultur. Technisch und taktisch versierte Männer mit Denkfalten auf der Stirn, die sich über Stunden duellieren, dabei aber immer fair bleiben, das hat einfach Stil. Dazu die edlen Spielgeräte und hochwertig verarbeiteten Tische, eine Augenweide.
Apropos Sinne: Wer Snooker im deutschen Fernsehen schaut, kennt die Stimme von Rolf Kalb. Bei ihm ist es wie bei einer Filmsynchronisation: Eine andere Stimme würde vieles zunichtemachen. Der Mann vom Niederrhein besticht durch seine sachliche Art der Berichterstattung. Nach über dreißig Jahren im Fernsehen hat Kalb auch für Kenner der Szene immer wieder neue Geschichten auf Lager. Auch dank ihm hat sich Snooker über die Jahre einen festen Platz in meinem Sportjahr erspielt. Zwar wird der Sport in Deutschland in absehbarer Zeit nicht aus der Nische ausbrechen können – doch anders als anderswo neigen die Beteiligten nicht zur Larmoyanz.
Mai – Eishockey: Weltmeisterschaft
Rebellion und neue Faszination
Um die Jahrtausendwende war es in Brandenburg noch möglich, auf Teichen Eishockey zu spielen. Und daraus wurde eine Leidenschaft meiner Teenager-Zeit. Mit Eishockey lebte ich im sportlichen Bereich meine (verhalten) rebellische Phase aus. Als der Fußball immer dominanter wurde, begann ich, etwas anderes zu suchen und mich vom Fußball guckenden Mainstream abzusetzen. Eishockey war einfach cooler, schneller, spannender. Aus heutiger Sicht war der Vergleich mit anderen Sportarten unangebracht und durch eine gehörige Portion Trotz bedingt. Aber so sind Jugendlich nun mal – oftmals etwas drüber.
Auch mein Kinderzimmer veränderte sich. Zwar war Musik ebenfalls bedeutsam, doch die Poster zeigten die Stars aus der NHL: Lemieux, Jágr, Forsberg – wirklich klanghafte Namen. Die Sendung „NHL Powerweek“ war meine Einstiegsdroge. Im Oktober 2000 ein Spiel zwischen den Eisbären Berlin und den München Barons. Das Highlight war eine Begegnung zwischen den Eisbären Berlin und den Berlin Capitals im alten Wellblechpalast. Viele Spiele mit verschiedenen Freundes- und Familiengruppen folgten, bis heute bin ich dem Hauptstadtklub aus Hohenschönhausen treu.
Vom Glück fehlender Freistellung und großen Abständen
Mitten im Frühling, wenn die Tage schon sommerlich sein können, tragen die Kufencracks ihre jährliche Weltmeisterschaft aus. Damit ist Eishockey die einzige große Mannschaftssportart, in der jedes Jahr ein Weltmeister gekürt wird. Und das wird regelmäßig zum Problem. Denn die WM überschneidet sich mit den NHL-Playoffs. Nur Spieler von Teams, die die Endrunde nicht erreichen oder früh ausscheiden, können für ihr Land antreten. Gleiches gilt für die fehlende Freistellung von NHL-Spielern für Olympia – von der Deutschland allerdings in Pyeongchang 2018 profitierte: Erst im Finale unterlag die DEB-Auswahl Russland mit 4:3 nach Verlängerung. Das war für mich ohne Zweifel der mit Abstand großartigste Eishockey-Moment.
Eishockey besticht durch die Gleichzeitigkeit von Härte und Eleganz, doch im Fernsehen für die Fernsehübertragung gibt es hohe Hürden. Für ungeübte Zuschauer ist es eine Herausforderung, dem Spielgerät zu folgen. Das frustriert. Große Fernseher mit hochauflösenden Bildern machen es heute zwar etwas angenehmer, aber das Grundproblem bleibt. Hinzu kommen Banden und Plexiglas sowie dicke Schutzkleidung. Mehr optische Hürden zwischen Fan und Spieler gibt es wohl nur beim Rennsport. Diese Distanz etwas reduzieren helfen seit Jahren Basti Schwele und Erich Goldmann, die hierfür auch für den Deutschen Fernsehpreis (Kategorie „Beste Sportsendung“) nominiert wurden.
Hinweis: Die folgenden Kapitel befinden sich derzeit in der Entstehung. Es ist ein Experiment, bei dem die Veröffentlichung im Prozess schrittweise erfolgt. Auf diese Weise versuche ich, den Druck für mich zu erhöhen – ich schaffe es sonst einfach nicht.
Juni – Skateboarding: Zeit für Freiheit
In der Jugend war ich Skater. Ich war nicht gut und war im Grunde genommen viel zu ängstlich, aber es hat immer Spaß gemacht.
Mit meinem besten Kumpel Tony Hawk auf der Konsole zocken und Skatevideos gucken, dann wieder raus und die Dinge umsetzen.
Jeder Regenschauer hat uns in unserem Drang gebremst. Wir haben das Wetter verflucht. Denn wenn die Straße erstmal nass war, war oft der halbe Tag gelaufen. Nasse Schuhsohlen vertragen sich nämlich überhaupt nicht mit dem feinkörnigen Griptap (ähnlich einem Schleifpapier) auf der Oberseite des Boards.
Juli bis September: Zwischen Asphalt und dem perfekten Rasen
Juli– Radsport: Tour de France
Steiler Anstieg, tiefer Fall
Die Tour de France im Juli verbinde ich mit dem Beginn der Sommerferien. Die Sonne brennt auch in Brandenburg gnadenlos vom Himmel – dann heißt es: Pizza in den Ofen, Jalousien runter, Fernseher an und sechs Stunden die Königsetappe live schauen. Nach dem Zieleinlauf, wenn sich die Temperaturen wieder in angenehmeren Bereichen bewegten, habe ich mich dann selbst aufs Mountainbike geschwungen – oft allein, mal auch mit Freunden. Da wurde die Bahnüberführung wahlweise zum Col du Galibier, Tourmalet oder zum Schlussanstieg nach Alpe d’Huez.
Im Italien-Urlaub 1996 sah ich am Kiosk Bjarne Riis auf dem Titel der rosafarbenen Gazzetta dello Sport. Ausgerechnet am Gardasee, einem Sehnsuchtsort für Radfahrer, wurde ich vollends vom Radsport gepackt. Meine Eltern und ich erkundeten die für uns viel zu hohen Berge – die zermürbendste Etappe ist als „Tortur d’Italia“ in unsere Familiengeschichte eingegangen. Nur ein Jahr später gewann Jan Ulrich das härteste Rennen der Welt. Unvergessen sind die Duelle mit Namen wie Marco Pantani, Richard Virenque oder Fernando Escartín klingen wie Musik in meinen Ohren. Als die Doping-Sünden der 2000er-Jahre offengelegt wurden, hat mich das tief getroffen. Ich fühlte mich verraten, um meine wertvolle Zeit gebracht. Mittlerweile sehe ich die Hochphase im Radsportdoping gelassener, denn die Leistungen sind trotz aller Vergehen beeindruckend. Die Leidenschaft für den Radsport ist geblieben – und mit dreißig Jahren habe ich mir dann endlich auch ein gutes Fahrrad gekauft.
Hitze ist keine Ausrede
Wenn die Tage am heißesten sind, macht das Radfahren am meisten Freude. Es ist für mich der einzige Sport, den ich mir bei über 30 Grad vorstellen kann zu tun – der Fahrtwind machts möglich. Das soll nicht heißen, dass mir die Gefahren von starker Hitze nicht bewusst wären, Trinken wie ein Weltmeister ist auch bei den Amateuren erste Radlerpflicht und ebenso wichtig wie das Helmtragen. Gerade im ländlichen Raum, in dem ich lebe, lässt er sich perfekt betreiben. Denn hier gibt es viel Platz und wenig Verkehr.
Stand: Januar 2024
FORTSETZUNG FOLGT …
Geplante Themen für die restlichen Monate:
- August– Fußball: Start in die Vereinssaison
- September – Leichtathletik: Berlin Marathon
- Oktober – Baseball: World Series
- November – Wintersport: Saisonstart
- Dezember – Darts: Weltmeisterschaft