Was ist dran an den Vorurteilen über Mitarbeiter öffentlicher Verwaltungen? Kann es sein, dass es dort noch krasser zugeht, als landläufig behauptet?
Ich habe als Elternzeitvertretung in einer kleinen Gemeindeverwaltung gearbeitet. Als ich von meinem ersten Außentermin zurückkam, wollte ich das Erlebte mit meiner Kollegin teilen. Schon nach dem ersten Satz wurde ich jedoch harsch unterbrochen. Ich solle doch bitte nicht weitererzählen.
Denn sie habe wirklich keinerlei persönliches Interesse an dieser Geschichte. Das saß. Ich war perplex, kaum jemals war ich so vor den Kopf gestoßen. Normalerweise sind Gefühle ansteckend. Wer sich nicht zumindest ein wenig anstecken lässt, wirkt kalt und verletzt den anderen. Nicht minder krass war die zweite Begründung. „Das fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich“, sagte sie knapp. Was für eine Ignoranz, ein Verhalten sondergleichen.
Aber immerhin hatte ich die oberste Regel aus dem Handbuch der öffentlichen Verwaltung gelernt: Jeder erledigt nur das, was in seiner Stellenbezeichnung oder am eigenen Türschild steht („Vor jedem Handschlag wird der Zuständigkeitsbereich geprüft.“ oder – etwas lyrischer: § 1 – Prüfe, ob deins!“). Alle anderen Aufgaben werden an die Nachbarbüros weitergereicht, am besten mit Verfügung, Stempel und Unterschrift.
Viele Worte ließen sich über Sinn und Unsinn von Stereotypen verlieren. Die Anekdote zeigt, dass manche doch wahr sind. Und leider hatte ich recht: Dieses Vorurteil sollte sich in den kommenden Monaten beinahe täglich bestätigten.
Lösung: Menschen mit einem großen Desinteresse laufen einem immer wieder über den Weg. Da hilft es wohl nur, beharrlich mit großer Neugier in die Welt zu blicken und Nörgler und Blockierer konsequent links liegen zu lassen.
Lesetipp: Wer sich vertieft mit der Entwicklung und den Mechanismen der öffentlichen Verwaltung befassen möchte, dem sei „Verwaltung verstehen“ (Suhrkamp, 2016) von Wolfgang Seibel empfohlen.
Letztes Update: März 2023